§ 13b UStG oder: wenn die Steuerschuldnerschaft wechselt

In der Regel ist es ja so, dass derjenige, der die Rechnung stellt und die Umsatzsteuer ausweist, diese auch ans Finanzamt abführt. Dabei spielt es keine Rolle, ob es ein großes Unternehmen, eine juristische Person oder etwa ein Freiberufler ist. Aber wir wären nicht in Deutschland, wenn es auch hier nicht eine Reihe von Ausnahmen gibt, die es zu beachten gibt, damit nicht irgendwann das böse Erwachen kommt.

Die Rede ist von § 13b UStG, es geht um die Umkehrung oder den Wechsel der Steuerschuldnerschaft oder das Reverse-Charge-Verfahren. Dabei wechselt die Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger. Werfen wir zum besseren Verständnis einen Blick auf einen Fall unserer Kanzlei.

Unser Mandant betreibt mehrere Kindertagesstätten im Ruhrgebiet. Die von den Kindertagesstätten erbrachten Betreuungsleistungen sind gemäß § 4 Nr. 23 UStG von der Umsatzsteuer befreit. Es besteht somit auch kein Anspruch auf einen Abzug von gezahlten Umsatzsteuerbeträgen als Vorsteuer.

Innerhalb der Verwaltung wurden diverse elektronische Dienstleistungen bzw. Softwarelizenzen erworben, zum Beispiel Programme zur Textverarbeitung und Tabellenkalkulation. Diese sonstigen Leistungen werden in der Regel von den Softwarehäusern aus dem europäischen Ausland heraus erbracht, klassischerweise aus Irland. Die dabei übermittelten Rechnungen weisen keine Umsatzsteuer aus. Es war lediglich ein kleiner Vermerk auf eine EU-Richtlinie auf der Rechnung vorhanden.

Was ist mit Rechnungen aus dem europäischen Ausland ohne ausgewiesene Umsatzsteuer?

Als wir uns anlässlich der Übernahme des Mandates die Leistungsbeziehungen erstmals detailliert angeschaut hatten, mussten wir dem Mandanten mitteilen, dass es sich bei den Dienstleistungen aus dem europäischen Ausland um eben solche Umsätze nach § 13b UStG handelt, was bedeutet, dass der Rechnungsbetrag nicht durch den Leistungserbringer der Umsatzsteuer in Irland (wie in unserem Fall) unterworfen wurde, sondern durch den Leistungsempfänger in seinem Sitzstaat zur Umsatzsteuer anzumelden ist. Es liegt ein Wechsel der Steuerschuldnerschaft vor. Im Klartext heißt das: Kauft die Kindertagesstätte Software und Betriebssysteme in Irland ein, muss die Umsatzsteuer in Deutschland entrichtet werden, auch wenn keine Umsatzsteuer auf den irischen Rechnungen ausgewiesen ist.

Unserem Mandanten war dies nicht bekannt und so hat er die Rechnungen ohne Berücksichtigung des 13b UStG verbucht – hierfür gibt es gesonderte Konten. Für unseren Mandanten kommt nun in diesem Fall noch erschwerend hinzu, dass er die nun anfallende Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen kann. Es handelt sich für ihn somit um effektive Kosten.

Was konnten wir in diesem Fall tun?

Es blieb uns nichts anderes übrig, als diese „§ 13b-Umsätze“ beim Finanzamt nachzuerklären. Dabei waren natürlich auch die Vorjahre zu beachten, sodass es zu einer erheblichen Steuerbelastung kam. Unser Team ist auf solche Sachverhalte geschult und erkennen unmittelbar, ob hier eine Anmeldung solcher Umsätze erfolgen muss. So wurden bei dem vorliegenden Fall sofort sämtliche andere Leistungsbeziehungen auf § 13b-Umsätze geprüft. Das Risiko einer hohen Steuerbelastung durch das Übersehen solcher Umsätze trifft jedoch nur Mandanten, die keinen oder nur einen anteiligen Vorsteueranspruch haben. Bei Unternehmen, die ausschließlich umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringen, kann die anfallende Umsatzsteuer in derselben Umsatzsteuer-Voranmeldung als Vorsteuern geltend gemacht werden. Die klassischen Branchen mit diesem Risiko sind somit: Gesundheit, Kinderbetreuung, Vermietung, Schulen, Online-Händler. Der Wechsel der Steuerschuldnerschaft gilt aber nicht nur bei Dienstleistungen aus dem europäischen Ausland, sondern auch bei Dienstleistungen aus Drittstaaten (z. B. aus den USA) heraus. Die bei uns häufig vorkommenden Dienstleister sind: Microsoft, Facebook (vor allem mit der Werbung), Shopify und Amazon-Gebühren.

ACHTUNG: Beim Wechsel der Steuerschuldnerschaft kommt nicht die Kleinunternehmerregelung zur Anwendung. Es ist somit jede eingekaufte Dienstleistung ab dem ersten Euro zu versteuern. Häufig weisen die Anbieter auf diese Art der zusätzlichen Kostenbelastung nicht hin oder ist ein Hinweis nur in den allgemeinen AGB vorhanden.

Selbstverständlich werden wir Sie auch in Zukunft auf solche Stolperstellen aufmerksam machen. In diesem Sinne: Wir lesen uns!