Grunderwerbsteuerreform: Vorsicht bei Altgestaltungen mit Immobiliengesellschaften

Der Gesetzgeber hat das Grunderwerbsteuergesetz geändert. Was neu ist, jetzt zu beachten und wie Sie mit Ihren steuerlichen Altgestaltungen umgehen sollten, erklären wir Ihnen hier.

Was bisher galt: Nicht nur der Verkauf von Grundbesitz an sich unterliegt einer Besteuerung mit Grunderwerbsteuer, sondern auch gewisse Gestaltungen unter Zuhilfenahme von Grundbesitz haltenden Personen- und Kapitalgesellschaften. Wurden bisher mindestens 95% der Anteile an einer Kapitalgesellschaft innerhalb von fünf Jahren an einen einzelnen Erwerber übertragen, ist auf diese Übertragung ebenfalls Grunderwerbsteuer angefallen. Bei Personengesellschaften war bereits die Übertragung an verschiedene Erwerber schädlich.

Es wurde daher bei der Übertragung von Anteilen an eine Immobiliengesellschaft häufig eine „Gestaltung“ gewählt, bei der lediglich 94,9% der Anteile auf einen neuen Erwerber übertragen wurden. Die restlichen 5,1% verblieben entweder bis zum Ablauf der fünf Jahre beim Veräußerer oder wurden – nur bei Kapitalgesellschaften – an einen zweiten unabhängigen Erwerber veräußert. Dadurch konnten Anteile an Immobiliengesellschaften übertragen werden, ohne Grunderwerbsteuer auszulösen. Die Bedeutung der anderweitig übertragenen bzw. zurückbehaltenen Anteile war in diesen Fällen eher zu vernachlässigen hinsichtlich der Kontrollrechte und des Mitspracherechts. (Im Bereich von konzerninternen Gesellschafterwechsel waren unter bestimmten, sehr eng gefassten Voraussetzungen auch Übertragungen von 100% der Anteile an Immobiliengesellschaften denkbar.)

Was sich jetzt ändert

Mit der Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes vom 12. Mai dieses Jahres wurde nun die bereits länger angekündigte Reform dieser bisher etablierten und von der Beratungspraxis akzeptierten Regelung umgesetzt. In Zeiten von immer stärker steigenden Immobilienpreisen und der sich daraus ergebenden Zunahme an Immobilienspekulationen unter Verwendung auch von Immobiliengesellschaften wollte der Gesetzgeber nicht mehr tatenlos zusehen. Die Gründung von Immobiliengesellschaften lediglich zum Zweck des Erwerbs, der Entwicklung und späteren – durch gewisse Gestaltungen – grunderwerbsteuerfreien Veräußerung von Immobilien bei Übertragung der Anteile soll nun verhindert oder zumindest extrem unattraktiv gemacht werden.

Die Änderungen kurz zusammengefasst: Zukünftig soll eine schädliche Anteilsübertragung bereits bei 90 % statt bei 95 % der Anteile vorliegen. Darüber hinaus verlängert sich der Betrachtungszeitraum von bisher fünf auf nun zehn Jahre. Die Regelungen für Kapitalgesellschaften werden insoweit an die der Personengesellschaften angepasst, dass zukünftig bereits ein Wechsel im Gesellschafterbestand von mindestens 90 % für eine schädliche Übertragung ausreicht (nicht wie bisher nur bei Übertragung an einen einzelnen Erwerber).

Darüber hinaus werden auch noch einige andere Vorschriften des Grunderwerbsteuergesetzes verschärft. So wurde die Behaltensfrist nach einer unentgeltlichen Übertragung eines Grundstückes auf eine Personengesellschaft ebenfalls von fünf auf zehn Jahre verlängert.

Vorsicht bei Altgestaltungen

Die Gesetzesänderungen gelten grundsätzlich für Transaktionen ab dem 1.7.2021. Es können sich jedoch auch einige Auswirkungen auf alte, bereits durchgeführte Transaktionen ergeben. Denn hier können die neuen, verlängerten Behaltensfristen bzw. Betrachtungszeiträume von nun zehn statt fünf Jahren zur Anwendung kommen.

Haben Sie in der Vergangenheit eine Immobiliengesellschaft gegründet, Anteile an dieser erworben oder veräußert, so sollte bei jeder weiteren nun geplanten Veränderung hinsichtlich des Gesellschafterbestandes näher geprüft werden, ob unter den neuen Regelungen ungewollt Grunderwerbsteuern ausgelöst werden. Es wäre zum Beispiel durchaus denkbar, dass man für die Übertragung der restlichen 5,1 % der Anteile an der Immobiliengesellschaft nunmehr mindestens zehn Jahre warten muss, auch wenn die ursprüngliche Transaktion bereits vor dem 1.7.2021 durchgeführt wurde.

Was wir für Sie tun können

Wir unterstützen Sie dabei gerne mit unserer langjährigen Erfahrung im Bereich der Immobiliengesellschaften, -transaktionen und –gestaltungen. Denn auch trotz der umfangreichen Änderungen des Grunderwerbsteuerrechts kann die Gründung von Immobiliengesellschaften auch weiterhin sinnvoll sein, z.B. hinsichtlich der begünstigten Besteuerung von Mieteinnahmen oder dem fast steuerfreien Verkauf der Anteile von Kapitalgesellschaften (Körperschaftsteuer/Gewerbesteuer).

 

Wie wir die Grunderwerbsteuerreform einschätzen - ein Kommentar

Die mit Sicherheit in manchen Bereichen übers Ziel hinausschießende Gesetzesänderung hat vor dem Hintergrund immer weiter steigender Preise auf dem Immobilienmarkt und dem damit verbundenen Einfallsreichtum zur Vermeidung von Grunderwerbsteuer durchaus Sinn. Während der durchschnittliche Immobilienerwerber im Zweifel nicht die finanziellen Möglichkeiten hat, um durch aufwendige Gesellschaftsstrukturen die Belastung mit Grunderwerbsteuern zu umgehen, sollen die großen Immobilienspekulanten nicht noch weiter entlastet werden. Leider hat es der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang verpasst, die sich mit Sicherheit nun ergebenen Steuermehreinnahmen sinnvoll einzusetzen. Denn neben der Grunderwerbsteuererhöhung von 3,5 % auf 6,5 % in vielen Bundesländern (u.a. NRW), belasten vor allem die steigenden Immobilienpreise den Geldbeutel von Familien und Paaren, die eine Immobilie für eigene Wohnzwecke erwerben möchten. Hier besteht keine Möglichkeit die zusätzlichen Erwerbsnebenkosten über eine erhöhte Abschreibung steuerlich geltend zu machen. Es wäre somit wünschenswert gewesen, solche Immobilienerwerbe für eigene Wohnzwecke bis zu einer gewissen Kaufpreishöhe und Grundstücksgröße von der Grunderwerbsteuer zu befreien.

In diesem Sinne: Wir lesen uns!